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Smart Grids und intelligente Messsysteme in Deutschland

19. Februar 2024

Die Energiewende in Deutschland kommt voran. 2023 lag der Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch erstmals über 50 Prozent. Mit 14,4 Gigawatt neuer Solarkapazität wurden sowohl die gesetzlichen Zielvorgaben als auch der bisherige Ausbaurekord klar übertroffen. Dabei entfielen gut zwei Drittel des Photovoltaik-Zubaus auf Dächer. Der Ausbau der Windkraft blieb mit 2,9 Gigawatt zwar weiter deutlich hinter dem Ausbaupfad des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes zurück. Allerdings zeichnet sich auch hier eine Trendwende ab: Die Anzahl der Genehmigungen für neue Windenergieanlagen an Land verdoppelte sich auf 7,7 Gigawatt.  

Als Hemmschuh für die zügige Fortsetzung dieser Wende und das Ziel, den Anteil Erneuerbarer Energien bis 2030 auf mindestens 80 Prozent zu steigern, könnte sich die schleppende Digitalisierung erweisen. Schon heute bringen der reine Zubau von PV-Anlagen sowie die Integration von Wärmepumpen und E-Auto-Ladestationen die lokalen Verteilernetze punktuell an ihre Grenzen. Denn viele Betreiber können diese Netze bislang gar nicht intelligent steuern. 

Beim Smart-Grid-Ausbau, der Voraussetzung für eine intelligente Netzsteuerung, gehört Deutschland bislang zu den Schlusslichtern Europas. In Deutschland waren von den insgesamt über 50 Millionen Messlokationen im Jahr 2021 nur etwa 160.000 mit intelligenten Messsystemen ausgestattet. In Dänemark und Schweden waren im selben Jahr bereits in 100 Prozent der Haushalte intelligente Messsysteme verbaut; in Estland, Spanien, Finnland, Italien, Luxemburg und Norwegen mindestens 98 Prozent.

Auch die Ausstattung von Verteiler- beziehungsweise Ortsnetz-Stationen, die Messungen direkt in den Haushalten ergänzen und punktuell ersetzen könnten und die zudem essenziell für die Überwachung und Steuerung der dort verbauten Transformatoren ist, ist bei weitem nicht auf dem Niveau, das die weitere Umsetzung der Energiewende erfordert.  

Hier besteht dringender Handlungsbedarf für die meisten Verteilernetzbetreiber. Das gilt auch mit Blick auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen. So macht die Bundesnetzagentur in ihrer Neuregelung zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen nach § 14a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) entsprechende Vorgaben, die insbesondere die Betreiber von Transformatoren und Ortsnetzen betreffen: Netzbetreiber dürfen den Anschluss solcher Einrichtungen, das sind insbesondere Wärmepumpen und private Ladeeinrichtungen für E-Autos, zukünftig nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern. 

Im Gegenzug dürfen Netzbetreiber, wenn eine akute Beschädigung oder Überlastung des Netzes droht, die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär begrenzen. Diese Maßnahme muss sich aus objektiven Kriterien der Netzzustandsermittlung ableiten.

Während im laufenden Jahr eine Konkretisierung dieser Kriterien durch die Bundesnetzagentur zu erwarten ist, ist bereits klar, dass eine solche Netzzustandsermittlung intelligenter Messsysteme bedarf. Diese müssen schnell und flächendeckend installiert werden, um die Stromversorgung sicherzustellen.

Grundsätzlich müssen dafür auch die Haushalte mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden. Auch das ist gesetzlich verankert: Maßgeblich ist das Messstellenbetriebsgesetz (MSGB), das im Mai 2023 durch das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) novelliert wurde.

Der im MSGB festgelegte Zeitplan für den so genannten Smart Meter Rollout erscheint dabei weniger ambitioniert als die Pläne für die Energiewende selbst. Nach der schrittweisen, verbrauchs- beziehungsweise erzeugungsabhängigen Installationspflicht in den kommenden Jahren sieht das Gesetz einen flächendeckenden Einsatz in allen Haushalten erst für das Jahr 2032 vor.

Auch das unterstreicht die Notwendigkeit für Verteilnetzbetreiber, alle relevanten Parameter auf der nächsthöheren Ebene, also den Ortsnetzstationen, zu erheben und für die Steuerung ihrer Netze zu nutzen.