Die Digitalisierung der Energiewende stellt die deutschen Verteilnetzbetreiber vor enorme Herausforderungen, die sich vor allem aus der technischen Ertüchtigung der bestehenden Infrastruktur ergeben. Die Erhebung und Verarbeitung von Daten über den Netzzustand, die der Gesetzgeber mit der Detaillierung des § 14 a EnWG verpflichtend fordern, um mittelfristig die netzorientierte Steuerung der Netzlast zu ermöglichen, steht dabei im Mittelpunkt der aktuellen Aufgaben.
Rollout von Smart Metern kommt nur schleppend voran
Tatsache ist, dass der planmäßige Rollout von Smart Metern an den Endverbrauchspunkten nur schleppend vorankommt. Das Urteil des OVG Münster im Frühjahr 2021, mit dem ein vorläufiger Stopp erwirkt wurde, hatte zwar zu einem Neustart in 2022 geführt, aber wirklich gelöst sind die bürokratischen und technischen Hürden bis heute nicht. Eine widerständige Wohnungswirtschaft, misstrauische Endverbraucher und eine zwar reformierte, aber bis heute nicht optimal kommunizierte Kostenstruktur tun ihr Übriges, um den Ausbau zu verzögern. Während in Skandinavien oder auch in Spanien, Italien und Frankreich die Ausstattung mit Smart Metern bei über 90 % liegt, hinkt Deutschland gewaltig hinterher. Sie liegt im kaum messbaren Bereich. Woher sollen dann also die dringend benötigen Daten für die Ermittlung des Netzzustandes im Niederspannungsnetz kommen?
Daten aus der Ortsnetzstation
Verstärkt in den Blick geraten daher die Ortsnetzstationen. Auf diese haben die Verteilnetzbetreiber in Eigenregie unbeschränkten Zugriff und können sie daher relativ leicht mit intelligenten Messsystemen nachrüsten. Neue, bereits in anderen Märkten erfolgreich etablierte Lösungen versetzen die Verteilnetzbetreiber daher in die Lage, ihr Netz nach eigenem Belieben zu digitalisieren und die fortschrittlichsten Lösungen auf dem Markt können dem Netzbetreiber eine Fülle wertvoller Daten aus dem Netz liefern: Denn mit der Technik steht nicht nur eine vollständige, MID zugelassene 4-Quadrantenmessung des Trafos zur Verfügung, es werden auch für sämtliche Abgangskabel alle wichtigen elektrischen Kenngrößen sowie Werte zur Stromqualität erfasst. Darüber hinaus können noch weitere digitale und analoge Stationsdaten erfasst werden. Die Daten laufen zumeist über eine Cloud in die Steuerzentralen der Netzbetreiber und werden unmittelbar aufbereitet – im Minutentakt. Digitale Ortsnetzstationen werden für Verteilnetzbetreiber zu einem Schlüsselelement für die Automatisierung, die Überwachung und den effizienten Betrieb ihrer Netze. Denn sie verringern auch den Aufwand, den z.B. das kontinuierliche Patch-Management über die Vielzahl digitaler Einrichtungen realisiert werden muss, um IT-Sicherheitsstandards zu gewährleisten und funktionale Updates durchzuführen. Die digitalen Informationen aus dem Mittel- und Niederspannungsnetz sind entscheidend für die Netzplanung und den operativen Netzbetrieb. So können die Netze bedarfsgerechter ausgebaut und bei Netzereignissen kann schneller und unkomplizierter reagiert werden.
Nachgerüstete, intelligente Ortsnetzstationen sind daher ein wichtiger Baustein, um die so dringend benötigte Digitalisierung der Verteilnetze wirklich zu realisieren. Die erheblichen Investitionen in eine Vielzahl von Transformatorenstationen werden dadurch finanziell gut tragbar, dass diese Anlagen meist über viele Jahrzehnte betrieben werden können und im Laufe ihrer Lebensdauer große Energiemengen umsetzen.